Bilinguale Projektwoche der 9/2 im "Roten Ochsen"
Hört man als Hallenser vom „Roten Ochsen“, denkt man an Häftlinge, Verbrechen, an eine Justizvollzugsanstalt. Der Rote Ochse dient jedoch heute auch als Gedenkstätte. Wie er während der Zeit des Nationalsozialismus genutzt wurde konnten wir, die Klasse 9/2, in der bilingualen Projektwoche vom 02.05.-06.05.2022 eindrucksvoll erfahren.
Der „Rote Ochse“ in Halle/Saale wurde 1842 fertiggestellt und als Straf-, Lern- und Besserungsanstalt genutzt. Während der NS-Zeit diente er schließlich als Schutzhaftlager und ab 1935 auch als Zuchthaus. Wir erfuhren, dass das Gefängnis auch eine Hinrichtungsstätte der Nationalsozialisten war, dass dort also Menschen aufgrund ihrer politischen Haltung oder der Tatsache, dass sie jüdischen Glaubens waren, ermordet wurden. Um diese Vorgänge besser zu verstehen, beschäftigten wir uns während der Projektwoche vor allem mit den Schicksalen einer jüdischen Familie aus Tunesien: Joseph, Gilbert und Jean Scemla wurden nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Tunesien durch Denunziation an der Flucht gehindert, verhaftet, deportiert und schließlich in Halle hingerichtet. Außerdem nahmen wir den französischen Widerstandskämpfer Théodore Gerhards näher unter die Lupe. Gerhards wurde auch im Roten Ochsen hingerichtet.
Wir haben uns jeden Tag, außer Dienstag, früh in der Gedenkstätte getroffen und in Gruppen verschiedene Themen bearbeitet. Eine Gruppe hat sich mit der jüdischen Familie Scemla/Gasquet aus Tunesien beschäftigt, die zweite hat sich zur Geschichte des Roten Ochsen informiert und die dritte Gruppe hat Théo Gerhards näher behandelt.
Am Dienstag haben wir uns früh auf dem Marktplatz getroffen und sind dann gemeinsam mit Herrn Hackel und zwei Mitarbeiterinnen aus dem Roten Ochsen zum Gertraudenfriedhof gefahren. Dort angekommen, haben wir uns ein Massengrab von deutschen und internationalen Opfern des 2. Weltkrieges, die man auf Grund der Verdeutschung ihrer Namen nicht mehr in ihre Heimat zurückbringen konnte, angeschaut. Danach sind wir weiter zu einem Anatomieleichengrab gegangen. Anatomieleichen waren Leichen von Menschen, die im Roten Ochsen hingerichtet wurden und anschließend der Universität für Forschungszwecke gegeben wurden. Anschließend haben wir uns Außenzellen von Gefangen angesehen. Dann sind wir weiter zum Landgericht von Halle gegangen, wo uns erklärt wurde, wie Verhandlungen während der NS-Herrschaft abliefen und dass knapp 6000 verurteilt wurden, es aber nur ungefähr 4000 Verhandlungen gegeben hatte. Unser letzter Halt war dann ein altes Polizeigebäude am Hallmarkt, das früher auch von der Gestapo genutzt wurde.
Der große Höhepunkt für uns alle kam dann am Donnerstag, als wir mit Frédéric Gasquet ein Interview per Videokonferenz geführt haben. Wegen Corona konnte er nicht persönlich zu unserer Projektwoche aus Frankreich kommen, aber er hat sich dennoch die Zeit für eine Videokonferenz genommen und uns einige unserer Fragen beantwortet. Frédéric Gasquet ist der Sohn von Gilbert Scemla, welcher gemeinsam mit seinem Bruder Jean und seinem Vater Joseph im Roten Ochsen enthauptet wurde. Das Schicksal seiner Familie hat M. Gasquet nie losgelassen. Aus diesem Grund führte er umfangreiche Recherchen durch, die im Buch „Der Brief meines Vaters – Eine tunesische Familie in der Nazi-Hölle“ gemündet sind. M. Gasquet äußerte sich im Interview ausführlich über seine Familie und ging bereitwillig auf unsere Fragen ein.
Zum Abschluss der Projektwoche haben wir eine Gedenkfeier im Roten Ochsen veranstaltet, bei der unter anderem an der Stelle, an der früher Insassen hingerichtet wurden, aus Abschiedsbriefen vorgelesen wurde.
Auch wenn es sich um ein ernstes Thema handelt, hat unserer Klasse hat die Projektwoche sehr gut gefallen und wir konnten viel über die Hinrichtungen während der NS-Zeit lernen, die uns während der Projektwoche noch präsenter geworden sind. Man sollte aus dieser Zeit lernen, niemals die Verbrechen aus der Zeit des Nationalsozialismus zu vergessen und sich für unsere Demokratie einzusetzen.
Alina Khazhueva, Teresa Weber (9/2), Herr Hackel
Für alle Interessierten ist hier die Übersetzung des auf Französisch geführten Interviews zu finden. Die Französische Originalversion ist hier auch angefügt. Wir hoffen auf eine interessante und erkenntnisreiche Lektüre.
Klasse 9/2: Guten Tag Herr Gasquet, wir hoffen, dass es Ihnen gut geht. Es ist eine große Ehre für uns, dass wir uns heute mit Ihnen unterhalten dürfen.
Wir sind Schüler der neunten Klasse und unsere Muttersprache ist nicht Französisch, aber wir hoffen, dass unsere Französischkenntnisse für dieses Gespräch ausreichen werden. Bei Bedarf haben wir auch vier Austauschschüler und unseren Lehrer hier, die uns hoffentlich helfen können.
Diese Woche arbeiten wir im „Roten Ochsen“ über die politische Justiz während der Nazizeit in Halle. Im Rahmen dieses Themas sind wir auf das Schicksal Ihrer Familie gestoßen. Wir konnten nur etwas aus Dokumenten und Papieren erfahren, aber wir bevorzugen, die Geschehnisse mündlich erzählt zu bekommen. Sie hatten mit Sicherheit mehr Zeit, um Informationen zu sammeln und zusammenzutragen und sind aufgrund Ihres persönlichen Bezugs viel vertrauter mit der Geschichte. Könnten Sie das tragische Schicksal Ihrer Familie in Kurzform für uns zusammenfassen?
Fred Gasquet: Ich war zwei Jahre alt, als mein Vater, mein Onkel und mein Großvater in Tunesien festgenommen wurden.
Zuerst brachte man sie für 3 Monate nach Tunis, im Mai flogen sie nach Berlin, wo aussortiert wurde: einige wurden zu Tode gefoltert, andere in Vernichtungs- und Konzentrationslager geschickt.
Meine Familie blieb ein Jahr in Dachau und wurde 1944 zu Tode verurteilt. Sie kamen nach Halle (Saale) in den Roten Ochsen, wo sie durch die Guillotine starben.
Meine Mutter erfuhr ein Jahr später von der Hinrichtung, weil ein Kommandant der französischen Flotte einen Brief an meine Großmutter geschrieben hatte.
Als ich elf Jahre alt war, las mir meine Mutter zum ersten Mal den Brief meines Vaters vor, den er kurz vor seiner Hinrichtung in seiner Zelle an sie geschrieben hatte. Ich verstand nicht alles, aber als ich meine Mutter weinen sah, war ich gerührt. Ich war mir jedoch nicht bewusst, was vor sich ging.
Im Alter von sechs Jahren hat meine Mutter erneut geheiratet. Mein „Stiefvater“ war für mich wie mein richtiger Vater und ich habe ihn immer nur als solchen bezeichnet. Dank meinen Eltern lebte ich ein glückliches Leben.
Mit 20 Jahren verließ ich Tunesien, um in Frankreich zu arbeiten. Als ich in den Ruhestand ging, wollte ich ein Buch für meine Kinder schreiben. Dank Michael Viebig (Leiter der Gedenkstätte des Roten Ochsen) erfuhr ich alles, was passiert war. Er hat mir viele Informationen gegeben und jetzt weiß ich genau, was geschehen ist.
Ich möchte mich beim Direktor und den Französischlehrern der Latina bedanken, die diesen intellektuellen Austausch ermöglichen.
9/2: Welche Rolle hat Ihr biologischer Vater in Ihrem Leben gespielt? Haben sich Ihre Gefühle gegenüber Ihrem Vater im Laufe der Zeit verändert?
FG: Mein biologischer Vater verschwand aus meinem Leben, als ich zwei Jahre alt war. Dank der Aussagen meiner Familie konnte ich mir ein Bild davon machen, wer mein Vater war. Ich hatte immer großen Respekt vor ihm, aber empfand auch eine große Traurigkeit, weil er nicht da war. Ich hatte das Glück, einen Vater (meinen Stiefvater) zu haben, der mich zusammen mit meiner Mutter im Leben begleitete. Beide haben mir sehr geholfen, mich unterstützt und mich geliebt. Daher bin ich für diesen Teil meines Lebens, in dem ich mit meinen Eltern gelebt habe, sehr dankbar.
9/2: Wie war Ihre Beziehung zu Ihrem Stiefvater? Welche Rolle spielte er in Ihrem Leben?
FG: Ich hatte eine sehr gute Beziehung zu meinem Stiefvater. Für mich ist er nicht mein Stiefvater, sondern mein Vater. Man könnte also sagen, dass ich mit zwei Vätern gelebt habe.
9/2: In welchem Alter haben Sie den Brief Ihres Vaters zum ersten Mal komplett gelesen? Können Sie sich an Ihre Reaktion oder Ihre Gefühle erinnern?
FG: Meine Mutter hat ihn mir vorgelesen. Ihr fiel es sehr schwer. Sie weinte sogar. Erst mit der Zeit sprach sie immer wieder von meinem Vater, damit er uns im Gedächtnis blieb. Ich habe den Brief mit 15 Jahren erstmals allein gelesen, habe aber keine Erinnerungen daran. Jedoch habe ich die Tragweite des Dramas erkannt. Meine Mutter hat sich Wort für Wort an die Wünsche meines Vaters für meine Erziehung gehalten. Indirekt hatte ich also drei Elternteile.
9/2: Ihre Mutter hat den Brief mehrere Jahre nach dem Krieg erhalten. Wissen Sie, ob sie vor oder nach Erhalt des Briefes Nachforschungen angestellt hat oder wie ist sie mit den Ereignissen umgegangen?
FG: Meine Mutter kannte die Informationen und wusste, wie meine Familie hingerichtet worden war. Sie war zutiefst ehrlich und hat mich nur ein einziges Mal in ihrem Leben angelogen.
Sie hat keine Nachforschungen angestellt, die einzigen Informationen, die sie hatte, stammten aus den Briefen von Zeugen, die sie gelesen hatte.
9/2: In welcher Hinsicht hat Ihre Mutter Sie angelogen?
FG: Sie sagte mir, dass meine Familie erschossen und nicht geköpft worden sei.
9/2: Sind Sie Ihrer Mutter für diese Lüge böse?
FG: Nein, weil dieser Glaube „besser“ war. Erschossen zu werden ist schrecklich, aber geköpft zu werden ist der Horror. Meine Mutter starb, als ich etwa 50 Jahre alt war, heute danke ich ihr für diese Lüge.
9/2: Seit wann ist Ihnen das Schicksal Ihrer Familie bewusst? Wann haben Sie verstanden, was mit Ihrer Familie passiert ist?
FG: Ich wusste sehr wenig darüber, was ihnen zugestoßen war, bis ich mit einigen Personen in Kontakt kam, bspw. mit Michael Viebig.
9/2: Sie haben ein zweihundert Seiten langes Buch geschrieben. Wie lange haben Sie dafür gebraucht?
FG: Ich habe zweieinhalb Jahre gebraucht. Ich habe angefangen zu schreiben, damit meine Kinder das Schicksal, das ich annehmen musste, kennenlernen. Ich bin jüdischer Abstammung, biologisch gesehen, aber meine Mutter hat mich im Alter von drei Jahren taufen lassen.
9/2: War es schwierig für Sie, das Buch zu schreiben? Sie mussten sich den Ereignissen ja noch einmal stellen. Warum wollten Sie diese sehr persönliche Geschichte veröffentlichen?
FG: Ja, es gab Momente, in denen es schwierig war, aber gleichzeitig gab es auch ein Gefühl der Befriedigung. Es war eine Pflicht zur Erinnerung und es ermöglichte mir, das Leben meiner Eltern zu verlängern und sie für einen Moment wieder leben zu lassen und mit dieser Geschichte ins Reine zu kommen.
9/2: Sind Sie mit den Informationen, die Sie beim Schreiben des Buches über Ihre Familie erhalten haben, zufrieden oder gibt es noch andere konkrete Fragen, die Sie gerne beantwortet hätten?
FG: Die Informationen, die ich bekam, als ich mich mit Michael in Verbindung setzte, waren unglaublich, ich konnte es schlicht nicht glauben.
9/2: Hat Ihnen die Veröffentlichung Ihres Buches geholfen, das Schicksal Ihrer Familie zu bewältigen?
FG: Zunächst einmal habe ich das Buch für meine Kinder geschrieben, um ihnen die Geschichte ihrer Familie zu erzählen. Dann habe ich es mit meinen engsten Freunden und meiner Familie geteilt … Dann habe ich es veröffentlicht. Tausende von Menschen haben mein Werk gelesen. Ich erhielt viele Briefe von Leuten, die ich nicht kannte, und hielt bestimmt 20 bis 30 Vorträge. Dann wurde ich zu einer großen Veranstaltung in Jerusalem eingeladen und erzählte meine Geschichte vor mehr als 500 Menschen. Ich empfand diese Erfahrung als sehr wohltuend, tröstlich, aber auch befriedigend.
9/2: Wie war Ihre Reaktion, als Ihre Freunde Ihnen rieten, Ihr Werk zu veröffentlichen?
FG: Meine Reaktion war eher zurückhaltend. Ich wusste, dass sie es ehrlich meinten, aber es bedeutete, einen Teil meines Lebens zu enthüllen. Dennoch fühlte ich mich geehrt, sehr geehrt. Dann machte ich mich auf die Suche nach einem Verleger. Nachdem ich ihm mein Buch übergeben hatte, leitete er es an eine Vereinigung „liberté mémoire“ weiter, deren Vorsitzende Germaine Tillon war. Sie ist heute im Panthéon begraben. Einige Tage später wurde ich von dieser Vereinigung eingeladen. Es gab ein Treffen, wir waren bestimmt zehn Personen. Sie stellten mir Fragen zu dem Buch und gaben ihre Zustimmung zur Veröffentlichung.
9/2: Hat der Erfolg Ihres Buches Ihre Beziehung zu Ihren Freunden, Ihrer Familie … verändert?
FG: Nur meine engsten Freunde und meine Familie kannten meine Geschichte. Ansonsten hatte ich niemandem davon erzählt. Sie wussten nichts von meinem Leben. Als das Buch herauskam, waren meine Freunde, mit denen ich nie über mein Leben gesprochen hatte, verblüfft. Sie riefen mich an und stellten mir viele Fragen („Warum hast du uns nichts davon erzählt? …“). Einige änderten ihren Blick auf mich, bei anderen vertiefte es unsere Beziehung.
9/2: Herr Gasquet, wir danken Ihnen für dieses Interview und Ihre offenen Antworten.
Wir bedanken uns recht herzlich für die Zeit, die sich M. Gasquet genommen hat, und seine ehrlichen Antworten, die er uns gegeben hat.
Für alle, die ihr Französisch auf die Probe stellen wollen ????:
9/2 : Bonjour Monsieur, nous espérons que vous allez bien. C’est un grand honneur pour nous de pouvoir parler avec vous aujourd’hui. Nous sommes des élèves de neuvième année et notre langue maternelle n’est pas le français, mais nous espérons que nos connaissances en français seront suffisantes pour cet entretien. En cas de besoin, nous avons aussi quatre élèves d’échange et notre professeur ici qui, nous l’espérons, pourront nous aider.
Pendant cette semaine, nous faisons un projet d’école au „Roter Ochse“ sur la justice politique pendant la période nazie à Halle. Dans le cadre de ce sujet, nous sommes tombés sur le destin de votre famille. Nous avons pu trouver beaucoup d’informations à l’aide de documents et de papiers, mais nous préférons que les événements soient racontés oralement. Vous avez certainement eu plus de temps pour collecter et rassembler des informations et vous êtes beaucoup plus familier avec l’histoire en raison de votre lien personnel. Pourriez-vous nous résumer le destin tragique de votre famille ?
FG : J’avais deux ans quand mon père, mon oncle et mon grand-père se sont faits arrêter en Tunisie. Tout d’abord ils sont allés à Tunis pour 3 mois, en mai ils ont pris l’avion pour Berlin et il y a eu un tri : certains torturés à mort, d’autres envoyés dans des camps exterminations et concentrations. Mon père, mon oncle et mon grand-père sont restés un an à Dachau, condamnés à mort tous les trois par décapitation en 1944.
Ma mère a appris un an après de l’exécution grâce au commandant de la flotte française, qui a écrit une lettre à sa grand-mère. A onze ans ma mère m’a lu la lettre de mon père pour la première fois. Il l’a écrite juste avant sa mort. Je ne comprenais pas tout mais voyant ma mère pleurer j’étais ému. Cependant je n’avais pas conscience de ce qu’il se passait.
A l’âge de six ans, j’ai eu un beau-père que je considère comme mon père. J’ai vécu une vie heureuse grâce à mes parents.
A 20 ans j’ai quitté la Tunisie pour partir travailler en France jusqu’à ma retraite. Une fois retraité, j’ai voulu écrire ce livre pour mes enfants. C’est grâce à Michael Viebig, que j’ai pu savoir tout ce qu’il s’était passé. Il m’a donné pleins d’informations et maintenant je sais exactement ce qu’il s’est passé. Je remercie le directeur de la LATINA et les profs de français qui permettent cet échange.
9/2 : Quel rôle a joué votre père biologique dans votre vie ? Est-ce que vos sentiments à l´égard de votre père ont changé avec le temps ?
FG : Mon père biologique a disparu de ma vie quand j’avais deux ans, grâce aux témoignages de ma famille j’ai réussi à me faire une image, une idée de qui était mon père. J’ai toujours eu un grand respect envers lui mais aussi une grande tristesse des faits. J’ai eu la chance d’avoir un père (mon beau-père) qui m’a accompagné avec ma mère. Tous les deux m’ont beaucoup aidé, soutenu et aimé quand il le fallait. J’ai donc une grande reconnaissance pour cette partie de ma vie où j’ai vécu avec mes parents.
9/2 : Comment était votre relation avec votre beau-père ? Quel rôle a-t-il joué dans votre vie ?
FG : J’ai une très grande relation avec mon beau-père. Pour moi ce n’est pas mon beau-père mais mon père. On pourrait donc dire que j’ai vécu avec deux pères.
9/2 : À quel âge vous avez lu la lettre entière de votre père pour la première fois ? Avez-vous vous des souvenirs de votre réaction ou de vos sentiments ?
FG : C’est ma mère qui l’a lue, c’était difficile pour ma mère, elle pleurait. C’est avec le temps qu’elle continuait de parler de lui pour qu’il lui reste à l’esprit. J’ai lu la lettre seul à 15 ans, je n’ai pas beaucoup de souvenirs mais j’ai perçu l’immensité du drame, ça m’a nourri, sorte de code génétique. Ma mère avait respecté mot à mot la lettre. Pour moi, j’ai eu trois parents.
9/2 : Votre mère a reçu la lettre plusieurs années après la guerre. Savez-vous si, avant ou après la réception de la lettre, votre mère/elle a effectué des recherches ou comment elle a géré les évènements ?
FG : Ma mère connaissait les informations et savait comment ils avaient été exécutés. Elle était profondément honnête et elle ne m’a menti qu’une seule fois dans ma vie.
Elle n’a pas fait de recherche. Les seules informations qu’elle avait venaient grâce à la lettre de témoins qu’elle avait lue. Elle a surtout écouté.
9/2 : En voulez-vous à votre mère pour ce mensonge ?
FG : Non, parce que cette croyance était « mieux ». Être fusillé c’est horrible mais être décapité c’est l’horreur. Elle est morte quand j’avais une cinquantaine d’années, aujourd’hui je la remercie pour ce mensonge.
9/2 :Depuis quand est-ce que vous avez réalisé le destin de votre famille ? Quand avez-vous compris ce qui était arrivé à votre famille ?
FG : J’en savais très peu sur ce qui leur était arrivé jusqu’à ce que je suis entré en contact avec des gens pour en savoir plus – surtout M. Viebig.
9/2 : Vous avez écrit un livre de deux cents pages. Combien de temps cela vous a-t-il pris ?
FG : Cela m’a pris deux ans et demi. J’ai commencé à écrire pour que mes enfants connaissent mon parcours qu’il fallait que j’assume. Je suis Juif d’origine, biologiquement cependant ma mère m’a fait baptiser à l’âge de trois ans.
9/2 : C´était difficile d´écrire le livre ? Comme l´histoire s´est déroulée du début et vous avez dû affronter les évènements encore une fois ? Pourquoi avez-vous voulu publier cette histoire très personnelle ?
FG : Oui, à certains moments c’était difficile mais il y avait en même temps un sentiment de satisfaction. C’était un devoir de mémoire et ça me permettait de prolonger la vie de mes parents et de les faire revivre un moment, de me réconcilier avec cette histoire.
9/2 : Êtes-vous satisfait des informations que vous avez eu sur votre famille en écrivant le livre ou y-a-t-il d´autres questions concrètes auxquelles vous auriez aimé répondre ?
FG : Les informations que j’ai eues quand je me suis mis en relation avec Michael étaient incroyables, je n’y croyais pas.
9/2 : Le partage de votre livre vous a aidé a surmonte le destin de votre famille ?
FG : Tout d’abord, j’ai écrit ce livre pour mes enfants pour leur raconter l’histoire de leur famille. Puis je l’ai partagée avec mes amis proches, ma famille… Puis je l’ai publié. Des milliers de personnes ont lu mon œuvre. J’ai reçu beaucoup de lettres de gens que je ne connaissais pas, j’ai dû faire entre 20 et 30 conférences. Puis j’ai été invité à un grand évènement à Jérusalem et j’ai raconté mon histoire devant plus de 500 personnes. J’ai trouvé cette expérience très bénéfique, réconfortante mais aussi satisfaisante.
9/2 : Comment était votre réaction quand vos amis vous ont conseillé de publier votre œuvre ?
FG : Ma réaction était plutôt prudente, je savais qu’ils étaient sincères mais c’était dévoiler une partie de ma vie. Cependant j’étais honoré, très honoré. Je me suis ensuite mobilisé pour trouver un éditeur. Une fois que je lui avais transmis mon livre, lui-même l’a transmis à une association « liberté mémoire », dont la présidente était Germaine Tillon. Elle est maintenant enterrée au Panthéon. Quelques jours plus tard, j’ai été convoqué par cette association. Nous avons fait une réunion, nous devions être une dizaine. Ils m’ont posé des questions sur le livre et ont donné leur accord pour sa publication.
9/2 : Est-ce que le succès de votre livre a changé votre relation avec vos amis, famille… ?
FG : Seuls mes amis proches et ma famille connaissaient mon histoire. Sinon je n’en avais parlé à personne d’autre. Ils étaient ignorant de ma vie, quand le livre est sorti, mes amis avec qui je n’avais jamais parlé de ma vie étaient sidérés. Quand le livre a été publié, mes amis, collègues… m’appelaient pour me poser beaucoup de questions (« Pourquoi tu ne nous en as pas parlé ? … ») Certains ont changé leur regard sur moi, avec d’autres ça a creusé une profondeur dans notre relation.
9/2 : Monsieur Gasquet, nous vous remercions de cet interview et de vos réponses ouvertes.